Maschinenraum im Alarmzustand

Manchmal muss man einfach gehen.

Akt 1: Die Bühne

Maschinenraum: 10:23 Uhr.

Das Licht flackert.

Ich stehe vor meinem Schreibtisch, als hätte mich jemand einfach dort fallen gelassen.

Die Kaffeemaschine tropft noch nach, weil ich hektisch die Tasse darunter weggezogen habe.
In meinem Kopf klingt das wie das Schlagen eines Standuhr-Pendels.

Die Tasse sagt „Einen Scheiß muss ich“ und ich weiß sie lügt.

Ich muss heute eine ganze Menge.
Aber der Morgen hat jäh alle Pläne zerrissen und ich fühle mich gerade ziemlich besch***en.

Ich habe einen wichtigen Termin verpasst, einfach nicht auf dem Schirm gehabt.

„Ein Kollege hat jetzt den Stress deswegen“, denke ich ich schuldbewusst.
Er hatte mich vor wenigen Minuten angerufen und gefragt, wo ich bleibe UND ob es mir gut geht.
Er war gar nicht sauer, nur besorgt.

Verdammt, ich hatte den Termin einfach nicht mehr auf dem Schirm.
Trotz Kalendereintrag und Erinnerung. Nur wenn man die nicht einschaltet….

Scheiß ADHS.

Auftritt Terrortruppe

“Lisa Lustig turnt auf dem Geländer der wenigen Treppenstufen – die von draussen in den unterirdischen Raum führen.
Sie kichert und ruft:„Komm schon! Neuer Tag, neues Glück!“
Stolz zeigt sie mir ihr neues neonfarbenes Top, auf dem „Good Vibes Only“ steht.

Ich zeige ihr dezent meinen rechten Mittelfinger und schaue an mir runter.

Nicht nur den Termin hab ich vergeigt, sondern auch gleich noch eine nagelneue Hose versaut.
Nicht einfach nur Kaffee drüber geschüttet – nein. Damit sich das auch richtig lohnt: Chlorbleiche.
Die weißen Flecken starren mich vorwurfsvoll an.

Die Tür knallt gegen die Wand. In meinem Kopf ist das ein Donnern.
Anton stürmt rein.

Goldene Uhr, Aktentasche, Gesicht wie ein deutscher Bürokratie-Albtraum.

„Was ist das hier für ein Saftladen?!
Zehn Uhr Termin war angesagt!
Du hast geschlafen wie ein sedierter Hamster auf Valium!“
Auf niemanden kann man sich hier verlassen.“
Er wedelt mit einem ausgedruckten Wochenplan.

„STRUKTUR! DISZIPLIN! FOKUS! CHLORFLECKFREIE ZONE!“

„Los geht’s!“

Und ich steh da, in meiner ruinierten Hose, den Chlorreiniger noch in der Hand, den Tränen nah.
Ich wollte doch nur ein paar Flecken an meiner Markise wegmachen, statt dessen hab ich neue gemacht.
Auf meiner neuen Hose.
Jetzt trägt sie ein weißes Batikmuster, das aussieht wie der Geist von falsch verstandener Hausfrauenromantik.
Ich zucke mit den Schultern, will antworten…da…

Patricia Perfektionista rauscht herein. Pinker Rock, schwarzer Blazer, Augenbrauen bis zum Haaransatz hochgezogen.
Sie zieht einen spitzen Bleistift hinter ihrem Ohr hervor.
„Also ehrlich, wer lässt hier Chlorreiniger offen rumstehen?“
Und wer schläft so lang, dass sie Termine verpasst?!
Das kommt davon, wenn man ohne Bullet Journal lebt.“

Sie kritzelt irgendwas in ihr Notizbuch und murmelt:

„Heute wird Conny gelöscht und durch eine organisierte Version ersetzt.“

Im Hintergrund läuft der Song „Ironic“ von Alanis Morissette.
Der Algorithmus spielt ihn in Dauerschleife.

Die Ratte kichert im Lüftungsschacht.
War ja klar. Wenn du denkst, du hast’s im Griff – BÄM! Chlorfleck.
Und dann auch noch der Kollege, den du versetzt hast…
Der tut doch nur so, als ob er nicht sauer ist.
Kriegst du eigentlich irgendwas auf die Reihe?“

Mein Abgang

Ich hab genug – ich schnappe mir meinen Laptop und gehe.
Das ist nicht mein Tag.

Schlecht geschlafen, der Mastzellenaktivierungmodus läuft auf Hochtouren, mein ADHS hat diesen Tag zum Tag ohne Struktur erklärt und der einzige Fokus, den ich habe, bezieht sich auf die gräßlichen Flecken auf meinem linken Hosenbein.

Eine Träne bleibt unerbittlich in meinem linken inneren Augenwinkel hängen.
Ich wische sie ruppig weg. Jetzt blos nicht auch noch Selbstmitleid.

Im Flur treffe ich Lola Lowlife. Sie sitzt auf der Treppe und sagt nichts. Kapuze tief ins Gesicht gezogen. Neben ihr ein Schild: „Heute ist alles sinnlos.“

Ich schüttle den Kopf.

„Gib mir 5 Minuten Anton – ich muss für heute umplanen“, rufe ich über meine Schulter zurück in den Raum, und gehe den Flur entlang.

„Heute ist kein guter Tag“, murmle ich vor mich hin.

Der Spiegel, der in dem langen Gang hängt, antwortet: „Mach das Beste aus dem, was du jetzt gerade greifen kannst.“

Ich sehe ihn an. Überlege kurz. Nicke dann. Ich grinse und greife nach meinem roten Edding und schnappe mir meine To-Do-Liste.

Ich streiche radikal.
Alles, was heute nicht in meinem dumpfen Kopf passt.
Weg damit.
Ich sortiere um – verschiebe – nehme Druck raus.

Ich mache, was geht.
Nicht das, was ich sollte oder wollte.

Ich gehe zurück, schliesse den Maschinenraum, verriegele die Tür.

Ein paar Minuten kann ich Anton, Lisa und Patricia noch schimpfen hören und dann herrscht Stille.

Aber nur kurz – dann höre ich Gekicher.
Die spielen Karten – sollen sie. Die haben heute frei.

Mit meinem Laptop verziehe ich mich ins Wohnzimmer auf die Couch.
Fernsehen und Lieblingsserie an. Es ist unglaublich wie das den Fokus bereichert.
Das gemächliche Blubbern der Stimmen, blendet alles andere aus.

Was heute noch geht

Ich starre auf den leeren Laptop Bildschirm.

Und jetzt?
Was ist dran?

Ich überlasse es dem Zufall.

Meine rechter Zeigefinger öffnet mein Schreibprogramm.

Okaaaay….

Wie auf Knopfdruck ploppen 3 – 4 – 5 Ideen für Posts gleichzeitig vor meinem inneren Auge auf.

Okay, jetzt schnell die Grundzüge abspeichern, damit nichts verloren geht.

Geschafft.

Ich schreibe einen Post nach dem anderen.
Die Texte fließen nur so aus mir raus.
Nach 2 Stunden bin ich fertig. 3 Posts, zwei Newsletter und nicht zu vergessen: Diese Maschinenraumgeschichte.

Was mir das sagt und was es auch dir sagen kann:
Kein Tag ist verloren, nur weil er nicht so läuft wie deine ToDo Liste dir das vorschreiben will.
Die ist nämlich flexibel und lässt sich prima an die „Umstände“ anpassen.

Nicht nur bei mir, auch bei Dir.

Das einzige was du dafür brauchst ist ein roter Edding und ein bißchen Vertrauen in dich selber.

Du findest hier kein Kommentarfeld. 

Wenn du mir etwas zu meinen Geschichte sagen möchtest oder eine Frage hast, dann schreib mir direkt.
Ich freue mich über ehrliche Nachrichten.

XOXOXO

Conny

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